19.04.2022
Liebe Mitglieder,
verehrte Leserinnen und Leser,
auch in diesen schwierigen Zeiten gehen Sie noch gern zur Arbeit, Sie leisten Überstunden, weil Stellen einfach nicht besetzt werden können, Ihr Team im Büro funktioniert bestens. Also meine Frage: Gehören Sie zu der berühmten „Familie“ im Büro? Wie stark identifizieren Sie sich mit Ihrem Arbeitgeber?
Identifikation mit der Firma, das wollen alle Arbeitgeber. Denn Mitarbeiter mit hoher Identifikation arbeiten mit mehr Eigeninitiative, sind leistungsbereiter und verantwortungsbewusster, so die Annahme. Aber ist das wirklich so? Umfragen in unterschiedlichen Berufen haben ergeben, dass nicht mehr als 15 % der Arbeitnehmer eine hohe Identifikation bejahen. Also doch keine Emotionen, sondern steht schlicht und einfach das Geld im Vordergrund (in Form von Extraleistungen wie Mietwagen, Essenszuschuss oder Theaterkarten), um in einer Firma zu bleiben?
Wissenschaftler stellen allerdings auch den Sinn und die Effizienz von allzu hoher Identifikation infrage. Es kann gefährlich sein, die Firma immer nur positiv zu sehen. Was machen Sie, wenn Ihre Firma unmoralisch arbeitet, falsche Entscheidungen trifft oder pleitegeht? Was ist, wenn die vielzitierte „Familie“ auseinanderbricht, Sie sich mit Ihrem Team nicht mehr verstehen? Dann haben Sie wieder normale Arbeitskollegen, von denen im Zweifel immer nur jeder seine eigenen Interessen im Kopf hat?
Denken Sie einmal darüber nach, was Sie in Ihrer Firma hält. Arbeitgeber können heutzutage nicht mehr damit rechnen, dass Sie die gesamte Zeit Ihres Berufslebens einem Arbeitgeber treu bleiben, auch wenn Stellenausschreibungen Bewerbern überall eine Firmenfamilie anpreisen. Könnten Sie locker in den besser bezahlten, außerdem auch interessanteren Job wechseln, oder hätten Sie ein schlechtes Gewissen? Reden Sie mit Ihrem Arbeitgeber über Ihre Angebote. Wenn ihm tatsächlich etwas an Ihnen liegt, dann wird er vielleicht mit den Angeboten konkurrieren. Und Sie haben vielleicht eine Antwort auf Ihre Frage nach der Identifikation.
Marlies Stern für
Deutsche Vereinigung der Rechtsanwalts- und Notariatsangestellten e.V.
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