Liebe Mitglieder,
verehrte Leserinnen und Leser,
ich steige wie jeden Abend in den vollen Bus nach Hause ein und erspähe noch einen Platz, auf dem sitzt aber schon die Handtasche größeren Ausmaßes und durchaus luxuriös der Dame nebenan. Als ich sie freundlich auffordere, ihre Tasche zu sich zu nehmen, bekomme ich tatsächlich zu hören, sie (die Tasche) hätte auch einen Anspruch auf einen Sitzplatz. Da ist es wieder, es macht mich wahnsinnig, dieses Anspruchsdenken heutzutage, es steht mir zu, ich habe ein Recht darauf! Welches Recht denn bitte? Ist hier das Recht des Stärkeren oder Unverschämten gemeint? Wo kommt der Anspruch her, weil ich jung bin, weil ich alt bin, weil ich Mann oder Frau bin? Weil ich die Ausnahme von allem bin? Wie kann die Welt sich weiterdrehen oder entwickeln, ohne meine ausdrücklich Zustimmung? Menschen mit diesem Anspruchsdenken sind auch immer die, die mit dem Wort „gefälligst“ operieren, es hat sich gefälligst zu ändern, es hat gefälligst das oder das zu geschehen, komischerweise sind das immer gefälligst die Interessen unserer Anspruchsberechtigten, die sie aber nicht selber durchsetzen. Wo ist der fürsorgliche, sozial engagierte, geduldige, faire und nachsichtige Mensch geblieben?
Nein, die Welt schuldet diesen Menschen nicht das Geringste. Weder die größte Pizza, noch den schönsten Platz am Strand, weder eine Karriere als Superstar oder Supermodel, noch die große Liebe oder die ewige Jugend. Sein Schicksal muss man in die eigenen Hände nehmen, und um den Bogen zum Beruf zu schlagen, auch für seine Karriere ist man selber verantwortlich, dafür muss ich mich fortbilden, eventuell auch mal umziehen oder etwas ganz Neues anfangen, wenn es nicht mehr passt. Allerdings sind hier viele Ansprüche zu Recht normiert, sie durchzusetzen muss man leider gefälligst noch oft selber machen.
Marlies Stern
Dt. Vereinigung der Rechtsanwalts- und Notariatsfachangestellten e. V.
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