Am 20.06.2017 haben wir die ersten zwei „mündlichen Prüfungen“ nach der neuen ReNoPatV in Hamburg durchgeführt. Wir hatten uns nach längeren Diskussionen im Berufsbildungsausschuss für Einzelprüfungen entschieden. Diese liefen parallel, so dass nur eine Aufsicht für zwei Schüler/innen (aus jeder Klasse eine(n) mit derselben Aufgabe) benötigt wurde. Der Schulleiter stellte einen genauen zeitlichen Ablaufplan her, der penibel eingehalten werden musste, damit die anderen Schüler/innen sich nicht begegneten. Jede(r) Schüler/in hatte 15 Minuten Vorbereitungszeit für die von uns erstellten praktischen Aufgaben.
Nach der Vorbereitungszeit holten wir jeweils den Prüfling in den Prüfungsraum, stellten uns kurz vor, stellten den Wecker auf 15 Minuten und baten sodann darum, dass der Prüfling den Fall noch einmal mit eigenen Worten wiedergeben sollte, um festzustellen, dass der Fall verstanden wurde. Die von uns erstellten Fälle wurden so gestaltet, dass der Prüfling zeigen musste, wie er mit einem beispielsweise schwierigen Mandanten umging, teilweise floss die englische Sprache mit ein. Es kam also nicht nur auf das fachliche Wissen an, sondern eben auch auf die sozialen Kompetenzen etc., wie es nach der neuen Prüfungsordnung verlangt wird. Nachdem der Prüfling seine von ihm ausgearbeitete Lösung vorgestellt hatte, wurden unsererseits in der Rolle des Mandanten noch weitere Fragen gestellt. Nach Ablauf der 15 Minuten baten wir den Prüfling kurz draußen Platz zu nehmen, damit wir uns beraten konnten. Während dieser Zeit saßen bereits die nächsten zwei Prüflinge im Nebenraum unter Aufsicht seit 5 Minuten, um sich vorzubereiten. Nach der Beratung teilten wir dem Prüfling die Note mit und stellten die entsprechenden Bescheinigungen aus. In dieser Zeit hatten die nächsten Prüflinge ihre 15minütige Vorbereitungszeit beendet, so dass es gleich ohne Zeitverzögerung weitergehen konnte. Um zu verhindern, dass unsere Aufgaben anderen Schülern/innen bekanntgegeben werden konnten, musste jeder Prüfling nach seiner Prüfung die Unterlagen inkl. der eigenen Aufzeichnungen bei uns abgeben.
Es war ein langer Tag (von 8:30 Uhr bis ca. 18:00 Uhr), allerdings kamen wir zu dem Ergebnis, dass die Prüfung selbst für uns Prüfer wesentlich weniger anstrengend war, als die mündlichen Prüfungen nach altem Recht. Wir konnten uns einerseits immer auf eine(n) Schüler/in konzentrieren und waren eher in der Rolle des Zuhörers als des Prüfers. Auch gestaltete sich die Notenfindung als wesentlich einfacher.
Die Befürchtung, die Prüflinge könnten sich durch eine Einzelprüfung überfordert fühlen, erwies sich als nicht bestätigt. Es kam uns sogar eher so vor, als wäre für die Prüflinge eine Einzelprüfung wesentlich angenehmer, als in einer Gruppe geprüft zu werden.
Mitgeteilt von Wiebke Suhr, Vorstandsmitglied der RENO-Hamburg, Mitglied im Aufgaben-, Prüfungs- und Berufsbildungsausschuss, Mail: w.suhr@reno-hamburg.de
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